Werden die Anleger jetzt kritischer?

Marktkommentar 09/2024

von Frank-Rüdiger Griep

Hat Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit verloren?

Der Sommer ist vorbei. Bis auf einen Aufreger im August verliefen die Kurse der wichtigsten Indizes doch sehr ruhig. Mit wenigen Umsätzen konnten sogar teilweise neue Höchststände erreicht werden. So schaffte es der Dax in der letzten Woche, die Marke von 19.000 Punkten zu knacken. Davon prallte er allerdings ab und korrigierte nach unten.

Saisonbedingt schauen die Anleger im Herbst schon genau auf die Entwicklung der Unternehmenszahlen und auf die Konjunkturdaten der wichtigsten Industrieländer. Während die großen Industriestaaten USA und China mit Zuwächsen ihrer Wirtschaftsleistung rechnen können, trifft dieses für Deutschland leider gar nicht zu. Die Hoffnung mit einem leichten Zuwachs des BIP in 2024 dabei zu sein, ist nach den Daten (-0,1 Prozent) im zweiten Quartal, in weite Ferne gerückt.

Die Frühindikatoren signalisieren einfach kein reales Wachstum. So verschlechterte sich die Verbraucherstimmung (GFK) im Juli auf -18,9 Punkte und das verarbeitende Gewerbe musste über einen Abschwung von 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr berichten. Überraschenderweise stieg die Arbeitslosigkeit auf 6,1 Prozent. Das gibt keinen Anlass zur Hoffnung, dass Deutschland sehr schnell wieder auf Wachstumskurs kommen wird. Die Gründe hierfür sind bekannt und in den Medien mehrfach ausgeführt - Fachkräftemangel, Energiekosten, Digitalisierung, Bürokratie und vieles mehr behindern die Wirtschaftsentwicklung. VW-Chef Blume sprach davon, dass Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit verloren hat.

Der VW Konzern kämpft gerade mit diesen Themen. In Deutschland produziert VW zu teuer, weil die Produktionskosten um 20 Prozent bis 30 Prozent gegenüber dem Ausland höher liegen und diese auch nicht durch Preiserhöhungen weitergegeben werden können. Das führt dazu, dass der Konzern Kostensenkungsprogramme (5-6 Milliarden sollen eingespart werden) durchführen wird - auch gegen den Widerstand der Arbeitnehmerseite.

Die Autoindustrie steckt in einer Krise. Die Konsumenten sollen - politisch gewollt - etwas kaufen, was sie nicht kaufen wollen. Der Absatz der E-Fahrzeuge ist in diesem Jahr eingebrochen - zu teuer, nicht ausgereift, kein flächendeckendes Ladesystem in Europa und hinter dem Vorteil gegenüber dem modernen Verbrenner beim CO2 Ausstoß stehen Fragezeichen.

Der Vorstandschef von BMW Oliver Zipse gab kürzlich zu bedenken, dass das Produktionsende des Verbrenners für 2035 naiv sei. Der Tesla Konzern leidet ebenfalls an rückläufigen Verkäufen seiner Autoflotte und dieses hat sich auch auf die Kursentwicklung der Aktie ausgewirkt - der Kurs hat sich gegenüber dem Höchstwert halbiert.

Erfreuliche Zahlen dagegen konnte der Technologiekonzern Nvidia vermelden. Der Umsatz konnte um 122 Prozent gesteigert werden und die Gewinnmarge lag bei 76 Prozent. Eigentlich doch sehr gut - nur die Analysten und Portfoliomanager waren damit nicht zufrieden und straften die Aktie des Unternehmens kräftig ab (minus 10 Prozent beim Kurs). Kann das gute Ergebnis noch gesteigert werden?

Die Anleger werden kritischer - sie bewerten die Lage anders - obwohl die Daten schon alle bekannt sind und sich nicht entscheidend verändert haben. Die Volatilität an den Börsenplätzen wird steigen, schon allein auch deshalb, weil die Liquidität durch die Zinssenkungen der Zentralbanken größer werden wird. Negative Meldungen aus der Wirtschaft und aus den Unternehmen werden allerdings sehr schnell zu Neubewertungen führen. Die Liquiditätshausse wird weiter gehen - Schwankungen werden im Herbst wieder stärker.

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